Johannes Brinkies
- Georg Helm
- 12. Feb.
- 10 Min. Lesezeit

Hallo Johannes,
Deine Fußballkarriere begann erst beim Grevensmühlener FC und später bei Anker Wismar. Du wurdest dort entdeckt für Hansa Rostock. Wie lief das damals ab und war schon immer klar, dass Du Torwart wirst?
Johannes: Ich hab im Alter von sieben Jahren angefangen Fußball zu spielen beim Grevensmühlener FC und bin dann relativ schnell, nach zwei Jahren, zu Anker Wismar gewechselt. Ich bin dann dort zwei Jahre geblieben und relativ schnell im Tor gelandet, weil, ich bin ehrlich, das war mir auf dem Feld alles zu schnell und mein Papa war auch Torwart. Deswegen war es dann schnell klar, dass ich das mache, zumal wir auch einen Torwart gebraucht haben. Also ich hab im Feld angefangen und hab dann für mich schnell gemerkt, dass es für mich nichts ist, bin dann im Tor gelandet. Das lief dann auch relativ gut, bin dann dabei geblieben und habe absolut meinen Gefallen daran gefunden.
Zwei Mal wurdest Du auch nominiert für die Jugendnationalmannschaften des DFB. Deine Teamkollegen waren unter Andrem Niclas Füllkrug oder Sead Kolasinac. Hatte sich in dieser Zeit schon herauskristallisiert für wen es für den Profifußball reichen würde oder sind die Topspieler von damals, heute in Amateurligen unterwegs?
Johannes: Ja, das stimmt, da waren einige dabei. Ein paar hast Du ja aufgezählt. An wen ich mich erinnern kann: Sead Kolasinac war dabei, Niclas Füllkrug, Nico Schulz, Timo Horn, Loris Karius, Julian Draxler, auch Antonio Rüdiger, um mal einige zu nennen. Man muss sagen, dass die Jungs schon damals unheimliches Potenzial hatten und du schon wusstest, für die kann es wirklich eine große Karriere werden. Angefangen hat es, glaube ich, mit Nico Schulz bei Hertha und Julian Draxler, dann kamen peu a peu auch die anderen nach. Es gab aber auch welche, bei denen du dir gedacht hast, der ist richtig weit, mit 16, 17, das kann echt was werden. Die spielen aber heute teilweise kein Fußball mehr oder haben es gar nicht in die Profiligen geschafft. Ich glaube aber, dass der Jahrgang 93‘ schon so ein paar coole Kicker hervorgebracht hat, auch am Beispiel von Antonio Rüdiger, die heute noch in der Nationalmannschaft spielen. Also richtig gut und auch damals schon richtig gute Jungs gewesen.
Du galtest bei Hansa Rostock als Torwarthoffnung. Wie hoch war dieser Druck für Dich?
Johannes: Weiß ich nicht. Ich war jemand, der relativ viel Talent mitgebracht hat damals, in einer sehr unruhigen Zeit, muss man sagen. Mit dem Abstieg, mit der Neuausrichtung in Liga 3 und so weiter und so fort. Generell unruhiges Umfeld gewesen. Und von den Torhüter sind nicht viele, aber zum Beispiel Kevin Müller, der ist ja heute noch in Heidenheim unterwegs, der war mit dabei und ich bin mit hochgekommen. Druck war das für mich überhaupt nicht. Es hat unheimlich viel Spaß gemacht, es war mein Traum. Als kleiner Junge war ich Hansa-Fan und bin dann auch immer hingefahren und hab mir die Spiele angeschaut und dann mal selbst dort spielen zu dürfen war mein allergrößter Traum. Druck also gar nicht, viel mehr absolute Vorfreude, dass ich das geschafft habe. Da war ich schon stolz mit dabei zu sein.
Bei Hansa hast Du früh in den Profikader gefunden. Hattest Du zum damaligen Zeitpunkt schon fest damit gerechnet, dass Du jetzt 20 Jahre lang Profifußballer sein wirst?
Johannes: 20 Jahre Profifußballer bin ich jetzt noch nicht. So alt bin ich dann doch nicht. Profifußballer bin ich jetzt 14 Jahre. Dass ich das so lange machen darf, das wusste ich nicht, aber es war natürlich die Hoffnung, ganz klar. Ich hab mich total drauf gefreut die Chance zu bekommen, hab Gas gegeben und bin mit 31 Jahren immer noch so unterwegs, dass ich ambitioniert Fußball spielen darf. Dafür bin ich maximal dankbar. Ich bin dann jemand, der sich viel vorbereitet, nachbereitet, versucht den Körper so in Stand zu halten, dass er die Strapazen und das Pensum noch gehen kann. Bin 31, denke noch lange nicht dran aufzuhören, weil mir der Job einfach so viel Spaß macht, dass ich weiterhin Teil einer ambitionierten Fußballmannschaft sein möchte und dabei bleibe ich.
Fünf Jahre hast Du dem Profikader Hansa Rostocks angehört. Stammkeeper, länger als 15 Spiele, warst Du aber nie. Bist Du rückblickend enttäuscht von den Entscheidungsträgern, dass Du im jungen Alter nicht einfach mal länger die Chance bekommen hast oder war auch Deine Meinung, dass Du leistungstechnisch nicht mit Deinen Konkurrenten mithalten konntest?
Johannes: Die Rostocker Zeit war damals ziemlich nervenaufreibend und war schon sehr hektisch, mitunter auch chaotisch, muss man schon sagen. Da waren sehr viele Trainerwechsel, viel Wechsel von Sportdirektoren, in den Führungsebenen gab es ständigen Austausch von Leuten. Es war sehr unruhig, ich war maximal dankbar, dass ich überhaupt spielen durfte, hätte mir natürlich auch noch mehr Spiele gewünscht, aber eins ist auch klar, es ist ein absolut brutales Leistungsgeschäft und als junger Spieler wackelt man hier und da nochmal, das war bei mir nicht anders und man muss dann auch durch Erfahrung, die teilweise schmerzhaft ist und war, lernen, um es einfach auch besser zu machen. Das hab ich probiert, aber natürlich war die Geduld nicht so gegeben, was ganz normal war. Der Verein war ambitioniert, frisch abgestiegen aus Liga 2 in Liga 3 und die wollten natürlich mit aller Macht wieder hoch. Das wusste ich schon und im Nachhinein betrachtet, hatte ich dort turbulentere Jahre tatsächlich, aber auch schöne Jahre. Es war mein Jugendclub. Und bei meinem Jugendclub im Tor zu stehen im wunderbaren Ostseestadion, das war schon ganz klasse. Natürlich hätte ich mir das eine oder andere Spiel mehr gewünscht, aber die Entscheidungen wurde so getroffen, wie sie damals getroffen wurden und da haben die Leute ihre Gründe für gehabt, also alles ok. Ich drücke dem Verein nach wie vor die Daumen und meine Zeit ist jetzt auch schon wieder knapp neun Jahre her.
Mit 23 Jahren hast Du dann den Schritt von Rostock weg gemacht. Der FSV Zwickau war Dein neuer Arbeitgeber. Mit welchem Konzept konnte Dich Zwickau schlussendlich überzeugen oder war der Wechsel ein alternativloser?
Johannes: Die Zwickauer Zeit war schon cool, das hat schon Spaß gemacht. Ich war dann ganze sieben Jahre da und ich wusste im Vorfeld natürlich überhaupt nicht, dass es diese sieben Jahre werden. Da war alles mit dabei: Klassenerhalt in der letzten Sekunde, bzw. am letzten Spieltag, Coronaproblematik, eine unfassbare Aufholjagd mit Platz 5 am Ende 2016/17. Also da war ganz viel mit dabei, das hat mir total Spaß gemacht. Das war was, was viele Leute nicht erwartet hätten, dass wir uns sieben Jahre halten können, weil wir trotzdem ein kleiner Verein waren, aber wir haben es geschafft mit einem absoluten Zusammenhalt und einer coolen Fanbase, das hat total Spaß gemacht. Da gibt es nur positive Erinnerungen an die Zeit.
Wie würdest Du generell die Fankultur im Osten Deutschlands, die oft kritisch beäugt wird, durch rechte und gewaltbereite Gruppierungen, beschreiben, auch im Vergleich zu anderen Clubs aus dem Rest von Deutschland?
Johannes: Die Fankultur im Osten ist schon gigantisch groß. Da gibt es ja mit dem 1.FC Magdeburg, mit Hansa Rostock, Dynamo Dresden, schon alleine drei riesengroße Clubs im Osten mit einer unheimlichen Fanbase, die so eine Power entfachen können. Das bekommt man nur mit, wenn man mal wirklich vor so einer Kurve steht und beim Pflichtspiel unterwegs ist mit den Jungs. Das macht schon Spaß. Das ist das, warum wir ins Stadion gehen. Da ist Action dabei, da ist Lautstärke dabei, da sind unfassbare Choreos dabei, im positiven Sinne. Also die kommen hier und da zu schlecht weg, hier und da passiert aber auch, was zurecht kritisch beäugt wird, das ist richtig, da mache ich kein Hehl draus. Alle aber über einen Kamm zu scheren, finde ich auch falsch. Mit einer Treue laufen die Fans da in die Stadien, das ist schon gigantisch.
Schon 2022 wurde spekuliert, ob Du deinen Vertrag in Sachsen überhaupt verlängert wirst. Es soll Angebote aus der 2., sowie der 3. Liga gegeben haben. Kannst Du vielleicht erzählen, wie konkret dieses Interesse am Ende war, ob Du dich wirklich gegen die 2. Bundesliga entschieden hast und warum Du deinen Vertrag am Ende doch verlängert hast?
Johannes: Namen nenne ich jetzt nicht, allerdings ist ein Wechsel für mich nur dann sinnvoll, wenn mehrere Faktoren gegeben sind. Das ist für mich immer so ein kleines Puzzle und wenn das ein oder andere Teil nicht da ist oder nicht passt, was das zu einem stimmigen Bild werden lässt, dann mach ich es wahrscheinlich eher nicht. Und in dem Fall war es genau das, dass ich nicht maximal überzeugt war von den Sachen, die man eventuell hätte machen können und hab mich dann für einen Verbleib in Zwickau entschieden, was trotz des Abstiegs keinerlei falsch war. Ich wusste ja vor der Saison nicht, dass wir dann leider so eine Saison spielen, das lag aber an mehreren Faktoren, ohne Frage. Bereuen tue ich den Schritt auf keinen Fall, weil die anderen Sachen für mich dann auch nicht so überzeugend waren.
Stattdessen der Wechsel 2023 in Liga 4 zu den Kickers Offenbach. An den Leistungen deinerseits kann es nicht gelegen haben, Transfermarkt schreibt von Dir als „seit Jahren einer der konstantesten Keeper der 3.Liga“. Warum dann der Wechsel in die Regionalliga, die Du ja auch mit Zwickau hättest haben können? Bereust Du, dass Du den Schlussstrich in Zwickau nicht schon 2022 gezogen hast, als die Angebote vorlagen und man die Saison auf Platz 10 abgeschlossen hatte und man den Verein nicht mit einem Negativereignis verlassen hätte?
Johannes: Offenbach in Liga 4 und Zwickau in Liga 4 möchte ich jetzt ungern vergleichen. Fakt 1 ist, dass 7 Jahre in Zwickau eine lange Zeit war und ich mir auch mal was neues gewünscht habe, bzw. mir die Frage gestellt habe, gehe ich nochmal woanders hin. Das kam dann mit den Kickers Offenbach zustande. Das ist ein absolut ambitionierter Verein, der absolut professionell aufgestellt ist und mich das total gereizt hat. Auch hier ist ein großes Stadion, auch hier ist eine große Fanbase dabei. Das sind Sachen, die mich total reizen. Deswegen hab ich den Schritt gewählt mit meiner Familie zusammen nach Offenbach. Ich bereue den Schritt auf keinen Fall, weil mir das hier absolut gefällt und hier professionell gearbeitet wird.
Deine erste Saison in Offenbach verlief nicht wie geplant. Nur Platz 11, statt Aufstiegsrennen. Aktuell läuft es allerdings für Dich und den Verein recht erfolgreich. Aktuell sind es sechs Punkte auf Tabellenführer Hoffenheim II. Geht der Blick schon hoch in Liga 3?
Johannes: Meine erste Saison in Offenbach mit Platz 11 war natürlich jetzt nicht so erfolgreich, wie wir uns das alle gewünscht hätten. Es ist schon so, dass in dieser Liga sehr viele Teams das Ziel haben, dann auch die Liga nach oben zu verlassen. Das ist natürlich auch in Offenbach nicht anders, allerdings waren wir letztes Jahr leider nicht so konstant, dass wir auch mal über einen längeren Zeitraum oben ran rücken konnten. Im Gegenteil: hinten raus haben wir dann, glaube ich auch die letzten vier Spiele, dann allesamt in den Sand gesetzt, haben dann, Gott sei Dank, noch den Hessenpokal gewinnen können, was natürlich auch ganz, ganz wichtig war.
Diese Saison ist es schon besser. Durch den Hessenpokal letztes Jahr konntest du dieses Highlight DFB-Pokal feiern, mit dem Sieg gegen Magdeburg dann sogar und mit dem ausverkauften „Bieberer Berg“ gegen den Karlsruher SC. Das war klasse, das waren tolle Momente. Und in der Liga sind wir aktuell Platz 2 und fahren dann jetzt auch zum ersten Spiel im neuen Jahr gleich mal zum Tabellenführer nach Hoffenheim. Ja, es sind sechs Punkte. Und ja, es ist ein langer Weg, weil man muss auch bedenken, die ein oder andere Mannschaft hinter uns hat noch ein Spiel weniger. Wir sind sechs Punkte hinten dran und wir haben auch nur noch 13 Rückrundenspiele. Natürlich ist immer alles möglich, wir reden von Fußball, aber wir dürfen uns auf gar keinen Fall Ausrutscher oder eine Schwächephase erlauben, weil dann wird es wahrscheinlich schwierig und es ist so jetzt auch nicht einfach, weil die Hoffenheimer auch einen starken Jahrgang haben dieses Jahr. Aber wir geben natürlich nicht auf und versuchen an das Maximum ranzukommen, ob uns das gelingt, das muss man noch mal sehen.
Dein Vertrag läuft im Sommer aus. Ist nur der Drittklassigkeit mit Brinkies im Offenbacher Tor zu rechnen oder wie sehen da Deine Planungen aus?
Johannes: Nein, mein Vertrag läuft nicht aus im Sommer und ich bin auch total glücklich darüber, weil ich mich mit dem Verein total identifiziere, weil ich jetzt anderthalb Jahre hatte bis dato, die mir, trotz dem nicht so erfolgreichen Abschneiden im letzten Jahr, total viel Spaß gemacht haben. Ich fühl mich wohl im Verein ich fühl mich total wohl mit der Mannschaft, weil auch gerade im Sommer sehr, sehr gute Charaktere und auch Fußballspieler zu uns gekommen sind und auch richtig gute geblieben sind. Es macht mir Spaß Teil der Kickers zu sein und auch zu bleiben. Von dem her verschwende ich auch kein Gedanken an irgendwas anderes, sondern bin froh, dass ich über den Sommer hinaus bleibe und ich werde alles daran setzen, gesund zu bleiben und dann auch Leistungen abzurufen, die zufriedenstellend sind. Das ist meine Anspruch und den verfolge ich weiterhin. Da bin ich auch stur. Es gibt für nichts anderes, als immer gasgeben, immer vorwärts, immer positiv und das mit dem Kickerswappen auf der Brust. Das ist ne tolle Sache und darüber freue ich mich total.
Du bist jetzt 31 Jahre alt und wirst auch nicht mehr jünger. Du hast gezeigt, dass Du konstant mindestens 3.Liga spielen kannst. Möchtest Du nochmal oben angreifen oder hast Du mit dem höheren Profifußball erstmal abgeschlossen? Was sind generell noch deine Ziele?
Johannes: Mit professionellem oder ambitioniertem Fußball hab ich auf gar keinen Fall abgeschlossen. Das wär einfach maximal falsch, weil ich bei einem hochprofessionellen, ambitionierten, erfolgshungrigen Fußballverein unter Vertrag stehe. Und das ist genau richtig so, weil ich mich total freue hier zu sein und mit dem Verein dann auch Erfolge feiern möchte, dementsprechend. Also auf gar keinen Fall abgeschlossen, vielmehr mittendrin. Ich bin absolut hungrig und ehrgeizig diese Ziele auch zu erreichen, weil ich merke im Umfeld wird alles dafür getan diese Ziele zu erreichen. Ich bin definitiv optimistisch. Ich bin immer positiv, gerade auch für das nächste Jahr. Ich möchte aber auch, und das ist mir besonders wichtig zu sagen, dieses jetzige Jahr, diese jetzige Saison, so erfolgreich wie möglich abschließen. Erstmal das und dann das nächste Jahr. Optimistisch und positiv auf jeden Fall.
Sind die Ziele die Du dir heute setzt immer noch die selben, wie in deiner Zeit bei der DFB U19?
Johannes: Ja, die Ziele sind schon noch ähnlich, weil die Ziele gar nicht so wahnsinnig hoch gesteckt, bzw. sich wenig verändert haben. Ich möchte gesund bleiben, ich möchte alles dafür tun gesund zu bleiben, ich möchte jedes Spiel gewinnen, ich möchte konstant gute Leistungen bringen und das war schon mein Plan bei der DFB U19 Geschichte damals und das ist mit 30 Jahren kein anderer Plan, weil Fußball ist sehr schnelllebig und da solltest Du Gas geben, dass Du dabei bist und dabei bleibst und vor allem auch mit guten Leistungen dann voran gehen kannst. Weil mit 30 Jahren dürfte man erwarten, dass man auch voran geht. Das versuche ich und wenn wir die Spiele gewinnen, dann haben wir alle eine gute Zeit, darum geht es. Das versuchen wir, das versuche ich vorzuleben. Das gelingt nicht immer, ich weiß schon, aber wenn man Gas gibt, dann werden die Erfolge kommen, davon bin ich überzeugt.
Vielen Dank für das Interview Johannes!
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